Grand Canyon

Ja, meine Lieben: Damit ihr gemütlich in euren Betten liegen bleiben könnt und trotzdem den  Sonnenaufgang über dem Grand Canyon nicht verpasst, haben wir uns den Wecker auf 4 Uhr früh gestellt. Wir wollen den Dingen auf den Grund gehen – bis zum Colorado.

 

 

„Dangerous“,  „not recommended“ – an einem Tag den Canyon hinunter- und wieder hinaufzusteigen solle man tunlichst unterlassen. Wir haben gestern Abend einige Sportliche befragt, da klingt die Sache schon anders. Um die 12 Stunden soll es dauern, sehr zeitiger Aufbruch ist wegen der Hitze angeraten.

 

Das ist ja das Fiese am Canyonwandern, dass man in der Kühle hinunter-, und dann in der Nachmittagshitze wieder hinaufsteigen muss. Um 5 Uhr 15 stehen wir am Trailhead = Beginn des Bright Angel Trails. Es ist der einfachste Weg in den Grand Canyon, denn es gibt Schatten und Wasser.

 

Es ist schon hell, als wir leichtfüßig und zügig die Stufen nach unten in Angriff nehmen. Da ahnen wir schon, dass wir uns dieses Stück am Nachmittag heftig schnaufend wieder emporschleppen werden. Doch noch sind wir frisch und freuen uns über den Sonnenaufgang, der die Canyonwände in leuchtendem Orange erstrahlen lässt. 

 

 

Am Weg hinunter gibt es drei Unterstandshütten mit Toiletten und Trinkwasser. Das 1 ½-miles-resthouse kommt nach 1 ½ Meilen (schlau gell!). Das 3 ½ - man ahnt es schon! Bis jetzt sind wir in rasantem Tempo abgestiegen, Mama Turtle überschlägt sich fast. Doch um schöne Fotos zu machen, nehmen wir uns immer Zeit.  Da blühen Kakteen in rosarot und gelb am Wegesrand, Gesteinsformationen leuchten und Eidechsen sonnen sich auf den warmen Steinen.

 

 

Beim  Rastplatz Indian Garden haben Indianer früher Landwirtschaft betrieben. Hier müssen wir uns entscheiden,  ob wir ganz zum Colorado absteigen, oder sicherheitshalber eine kürzere Wegvariante wählen. Wir haben gesagt, wenn wir bis 9 Uhr dort sind, gehen wir weiter. Da es gerade mal halb 8 ist, marschieren wir zügig weiter.

 

Wir sind bereits über 7 Kilometer gegangen, 5 weitere Kilometer haben wir noch vor uns. Der Weg ist einfach zu begehen, führt aber teilweise steil in Serpentinen bergab. Da werden wir beim Hinaufgehen noch unsere helle Freude haben.  Es ist wunderschön, im milchigen Morgenlicht durch die hochaufragenden Felswände des Seitencanyons zu wandern.

 

 

Endlich, nach 3 Stunden 40 Minuten stehen wir am Colorado. Leuchtend grün lädt er zum Raften sein. Oder zumindest dazu, die Zehen hineinzustecken. Da wir zu faul sind, die Schuhe auszuziehen, was angesichts müffelnder Socken vielleicht auch besser ist, halten wir nur die Finger rein. Und schaut mal, was für einen wunderschönen Sandstrand wir gefunden haben. 

 

 

Nur ein einziger Mann steigt heute auch ab und auf – und vier Trailrunner, aber die rennen. Unglaublich!!! Wir bestaunen die Canyonwände und träumen davon, den Colorado im Kajak hinunter zu fahren.

 

Doch schon bald machen wir uns wieder auf den Weg, denn der Aufstieg ist lang. Doppelt so lang wie für den Abstieg sollte man einplanen. Das erste Wegstück zurück nach Indian Garden legen wir noch flott zurück. Wir überholen einige Wanderer, die den Trail in zwei Tagen gehen und im Canyon oder Indian Garden geschlafen haben. Manche sehen schon sehr gezeichnet aus. Die Landschaft ist wunderschön, und wir haben genügend Zeit, uns umzuschauen und Fotos zu machen. Auch eine Klapperschlange sehen wir, aber leider schon tot (die Schlange, nicht wir). 

 

 

Und nur die Faulen legen den Weg mit dem Maultier zurück...

 

 

Ab 3 ½ miles wird’s beschwerlich. Die Sonne heizt ordentlich zwischen den steilen Canyonwänden, unsere Schritte werden langsamer, der Griff zur Wasserflasche häufiger. Durst !!! Wir schnaufen wie eine 130 Jahre alte Dampflok, die man vor 65 Jahren verschrotten hätte sollen. Zweimal legen wir ein Schwätzchen mit anderen Wanderern ein, doch wir wollen weiter. Bei 1 ½ miles ist das Schlimmste geschafft, denn jetzt ist es nicht mehr weit, und es wird schon ein wenig kühler. Während Karl noch relativ leichtfüßig durch die Landschaft stiefelt, macht Mama Turtle ihrem Namen jetzt alle Ehre. Langsam kämpft sie sich voran, aber schließlich stehen wir jubelnd wieder am Trailhead. Müde, aber glücklich, sind wir und uns einig: Es hat sich gelohnt! Unten am Colorado am Sandstrand zu stehen war in unvergleichliches Erlebnis! Wir haben knapp 11 Stunden für die gesamte Tour gebraucht und sind müde, aber nicht übermüdet. Über 24 Kilometer und je 1360 Meter hinunter- und wieder hinauf haben wir zurückgelegt. ""Not recommended“ - ja vielleicht – aber "dangerous" war es nie. Wir hätten noch über 4 Stunden Tageslicht gehabt und sind nie an unsere Grenzen gekommen. Schön war's!

 

 

Wir suchen uns noch ein schönes dispersed-Camping-Plätzchen, kochen einen Riesenpott Nudeln und verrollen uns dann bald in unsere Schlafsäcke. Dann schnarchen wir so laut, dass wir den Bären das Fürchten lehren. In der Nacht steigt etwas leise am Zelt vorbei. Die Wüste lebt! Was ist das jetzt schon wieder? Wenig später heult es in der Nähe. Ach, dann war’s wohl ein Kojote…


Wir freuen uns über eure Kommentare, Anregungen, Fragen...

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Kommentare: 2
  • #1

    Bruni (Dienstag, 16 Mai 2017 21:32)

    Na Gott sei's gedankt seid ihr dem Sündenpfuhl entkommen �, man soll das Glück nicht überstrapazieren! Ihr habt einander, seid gesund und könnt gemeinsam (zwar mit uns allen an der Backe) so ein schönes Jahr verbringen - und wir möchten euch auch wieder einmal drücken und abbusseln.
    ... vielleicht kommt ja auch noch ein kleiner Grizzly vorbei .... nur wegen einem Foto �

  • #2

    Martina (Sonntag, 04 Juni 2017 18:32)

    War sicher eine Gewalttour, aber die Verantwortlichen müssen warnen. Denn nicht nur bei uns in den Bergen laufen Halbschuhtouristen herum und dort die Hitze ist nicht zu unterschätzen. Dafür dürft ihr einen extra Burger oder was auch immer essen!!! Super Fotos!